Der Goldbergbau von Roudný in Mittelböhmen

Am Berg Roudný etwa 60 Kilometer südöstlich von Prag unweit von Launiowitz (Louňovice pod Blaníkem) befand sich eines der bedeutendsten und am längsten aktiven Bergbaureviere auf Gold in ganz Böhmen. Ende des 19. Jahrhunderts war das hiesige Bergwerk der wichtigste Goldproduzent Mitteleuropas. In den 1920er Jahren wurde hier sogar die größte Ausbeute des gesamten europäischen Kontinents erzielt. Die Gewinnung von Gold begann vermutlich schon in keltischer Zeit, als auf dm Berg Blaník ein bedeutendes Oppidum entstanden war. Damals wurde das Gold durch Seifen in den Wasserläufen gewonnen.

Bergbau Bergwerk Tschechien Roudný Wenzel-Schacht šachta Václav Goldbergbau
Gesamtansicht des Bergbauunternehmens Roudný um das Jahr 1930. Im Hintergrund der Wenzel-Schacht (šachta Václav), das Fabrikgebäude mit Schornstein ist das Pochwerk. (Quelle: Infotafel des Bergbaulehrpfades vor Ort)

 

zur Geologie der Lagerstätte

Die Lagerstätte des Roudný liegt im ansonsten in geoogischer Hinsicht eintönigen Gebiet des Moldanubikums. Hier treten biotitisch-migmatitischeParagneise des Paläozoikums und Proterozoikums auf, die jedoch stark von verästelten aderförmigen Störungen durchzogen sind. Die Golderze wurde durch hydrothermale Lösungen gebildet, die im Zusammenhang mit intrusiven Prozessen auftraten, die zur Entstehung des Orthogneismassivs des nahen Berges Blaník führten. Die heißen Lösungen zirkulierten in Rissen und Spalten, wo so Quarzadern mit reichlich Pyrit, Arsenopyrit und Gold entstanden.

 

Bergbau im Mittelalter

Zu den ersten schriftlichen Belegen für den Bergbau auf dem Berg Roudný zählt ein Dokument des Königs Johann des Blinden von Luxemburg (Jan Lucemburský) aus dem Jahr 1337. Es handelt sich um eine Auflistung der Bergwerke welche vom König an Peter II. von Rosenberg (Petr z Rožmberka) verpfändet waren. Die Nennung des Bergwerks am Karrenberg (Kamberk) dürfte sich wohl auf den Standort des heutigen Roudný beziehen. Der Abbau erfolgte in dieser Zeit im Umfeld der Gebiete, an welcher das Lager bis an die Erdoberfläche trat und wo man noch heute eine große pingenartige Vertiefung findet (genannt "Velký obval"). Vermutlich endete diese spätmittelalterliche Bergbauperiode mit den Hussitenkriegen. Man nimmt an das bis dahin eine Menge von ca. 1.500 kg Golderzes gefördert worden ist.

 

Bergbau im 18. Jahrhundert

Weitere greifbare Angaben existieren erst wieder ab dem 18. bzw. 19. Jahrhundert. Es geht dabei um Aufzeichnungen über die Abgabe von Gold an das Prager Münzhaus. Diese Dokumente stammen aus den Jahren 1769-1804, als dass in Wlaschim (Vlašim) ansässige Adelsgeschlecht der Auersperger die Bergwerke in Betrieb hielt. In dieser Zeit erfolgte der Abbau bereits ausschließlich unter Tage. Die Förderung wurde 1804 vermutlich aufgrund der Erschöpfung der damals aufgeschlossenen Erzlager eingestellt. Der Bergbau unter den Auerspergern erfolgte in Teufen von bis zu ca. 80 m (Václav- / Wenzel-Schacht), wobei eine Ausbeute von mehr als 21 kg reinen Goldes erzielt wurde.

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Der Wenzel-Schacht in den 1930er Jahren. Hier wurde schon im 18. Jahrhundert Gold in Teufen von bis zu 80 m gefördert! (Quelle: Infotafel des Bergbaulehrpfads vor Ort)

 

Bergbau im 19. Jahrhundert

Nahezu das gesamte 19. Jahrhundert blieb der Berg Roudný verlassen, bis 1896 der Abbau durch die Einrichtung des Jindřiška-Schachtes (Henriette-Schacht) erneut aufgenommen wurde. Als Betreiber war das ursprünglich in Memel zur Bernsteinförderung gegründete Unternehmen Stantien & Becker aktiv. Zunächst konnte jährlich um die 8 kg Gold gewonnen, während die Produktion allmählich auf etwa 45 kg gesteigert werden konnte. Der Betrieb wurde jedoch im Jahr 1901 aufgrund des plötzlichen Todes des damaligen Eigentümers Moritz Becker unterbrochen.

 

Bergbau im frühen 20. Jahrhundert

Im Jahr 1903 erwarb eine englische Gesellschaft das Bergwerk für 600.000 Reichsmark, welche es im Laufe diesen Jahres die Betriebseinrichtung modernisierte und eine neue Aufbereitungsanlage sowie Verwaltungsgebäude am südöstlichen Hang des Berges errichtete. So konnte 1904 die Förderung wieder aufgenommen werden. Das Bergwerk beschäftigte etwa 400 Arbeiter. Die Abbautätigkeit kulminierte vor dem 1. Weltkrieg im Jahr 1913, als 325 kg Golderzes ausgebracht wurden. Im Laufe des Weltkrieges wurde der englische Eigentümer als Mitglied einer feindlichen Macht von dem Betrieb des Bergwerks entbunden. Der Einfluss der allgemeinen Wirtschaftskrise und eines Anstiegs der Preise erzwang, dass nur die reichhaltigsten Partien des Erzlagers bebaut wurden und eine Investition in die Modernisierung des Bergwerks unterblieb. Diese ungünstige Situation blieb auch nach Kriegsende bestehen, als der Goldpreis stagnierte. Der Absturz des Goldpreises im Jahr 1922 führte sogar dazu, dass der Betrieb für 9 Monate gänzlich eingestellt werden musste.

 

Im Jahr 1929 erhielt das Bergwerk einen neuen Eigentümer. Trotz zahlreicher Versprechungen des neuen Besitzers blieben Investitionen in eine Modernisierung und die Auffahrung neuer Sohlen aus, so dass die Betriebseinstellung im Jahr 1930 die Folge war. Obwohl in den folgenden Jahren einige Lagerstättenerkundungen durchgeführt wurden und die Betriebsanlagen an das Elektizitätsnetz angeschlossen wurde, kam es bis zu Beginn des 2. Weltkrieges nicht zu einer Wiederaufnahme der Abbautätigkeit. In den Jahren 1904-1930 waren insgesamt mehr als 660.000 Tonnen Erzes gefördert wurden, welche 5,7 Tonnen Gold erbrachten.

 

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Dieses Bild zierte eine Ansichtskarte mit der das im Vordergrund links befindliche Hotel "U zlatého rohu" ("Zur Goldenen Ecke") Reklame machte. Der Wenzel-Schacht ("Václavka", links oben) ist neu ausgerüstet. Man rühmte sich dabei, eine tägliche Förderung von über 1 kg gediegenen Goldes zu haben! (Quelle: Infotafel des Bergbaulehrpfads vor Ort)

 

Bergbau nach 1939

Im Jahr 1941 wurde das Goldbergwerk Roudný der Protektoratsadministration für Bergbau in Liboun-Bořkovice unterstellt. Es wurden Arbeiten an den Stollen Moritz und Barbara ausgeführt sowie insbesondere ein neuer Bau zur Entwässerung aufgefahren. Schrittweise wurden so einige Erkundungssohlen eingerichtet. Eine letzte Serie von Erkundungsarbeiten wurde noch in den Jahren 1987-1990 durchgeführt. Nach der politischen Wende zu Beginn der 90er Jahre kam es zum steigenden Interesse an den Erzlagern, v.a. durch ausländische Gesellschaften. Untersuchungsarbeiten wurden nach und nach durch die Firmen McHarrison, Fargo Mining und Prisma beantragt. Keinem dieser Anträge wurde stattgegeben, so dass das Erzlager bis heute nicht mehr bebaut wurde, obwohl hier bedeutende Reserven an Golderzen verblieben.

 

Große Pinge (Velký obval / Velká propadlina)

Die bemerkenswerteste Oberflächenform auf dem Berg Roudný stellt die große Pinge am nordwestlichen Hang dar. Es handelt sich um eine Senke von ca. 150 x 60 m, deren östliche Wand einst bis zu 30 m hoch war. Wahrscheinlich entstand dieser Bereich durch den mittelalterlichen Abbau, welcher in einer Zone erfolgte in der das Erzlager an der Oberfläche ausstrich und einer starken Verwitterung unterlegen war. Das damals geförderte Material wurde zur Aufbereitung in das Tal des Baches Roudenský potok befördert. Nachdem die oberflächennahen Partien abgebaut waren, ging man zum Abbau mittels Stollen und Schächten über. Überreste dieser mittelalterlichen Tiefbautätigkeit wurden im 18. und 20. Jahrhundert auf den 60 m Sohlen gefunden. Der Bergbau des späten 19. Jahrhunderts sowie insbesondere des Zeitraums 1904-1930 überprägte die Altbergbaubereiche jedoch stark, da die alten Pingen oftmals für Erkundungsarbeiten neu geöffnet wurden. Anschließend wurden sie oft wieder mit Abraum verfüllt. Eine Besonderheit war, dass Ende des 19. Jahrhunderts eine der alten mittelalterlichen Stollen, welcher in die große Pinge mündete, von einem Einsiedler namens Zemánek bewohnt wurde.

 

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Dieser Grubenriss wurde 1788-90 von einem Markscheider namens Fischer gezeichnet. Er zeigt den Bereich der heutigen Großen Pinge. (Quelle: Infotafel des Bergbaulehrpfads vor Ort)

 

Henriette-Schacht (šachta Jindřiška)

Der Henriette-Schacht wurde 1894 am nordwestlichen Hang des Roudný abgeteuft. Während des Betriebs in den Jahren 1895-1901 diente er als Hauptförderschacht, später - nach der Übernahme durch die englische Betreibergesellschaft - nur noch als Wetterschacht. Das Areal wurde daher fortan auch "Altes Bergwerk" genannt. Das Schachtprofil betrug 4 x 2 m. Die Aufbereitungsanlagen um den Henriette-Schacht wurden größtenteils bereits vor dem 2. Weltkrieg abgerissen.

 

Wenzel-Schacht (šachta Václav)

Der Wenzelschacht wurde im östlichen Bereich des Erzlagers abgeteuft. Er entstand ab 1784 unter der Administration der Auersperger und diente zunächst der Bewetterung. Nachdem die englische Betreibergesellschaft 1903 das Bergwerk übernommen hatte, wurde der alte Schacht zum Hauptförderschacht ausgebaut. Das Profil betrug seither 2,2 x 4,9 m bei einer Teufe von 112 m. Die Abbausohlen wurden in der Folge in Bezug auf diesen Schacht nummeriert. Im Jahr 1905 wurde eine weitere Abteufung bis auf eine 170 m-Sohle vorgenommen. Über dem Schacht entstand ein neuer Förderturm aus gewalztem Eisen. Die Achse der Seilscheibe lag in einer Höhe von 20 m und die gesamte Scheibe hatte einen Durchmesser von 1.600 mm. Eine Dampfmaschine mit 84 PS sorgte für den Antrieb. Der Dampf zum Antrieb wurde über eine 150 m lange Leitung von den Kesseln der Elektrizitätszentrale zugeführt. In einer Höhe von 11,8 m war eine Holzbrücke angelegt, auf welcher die ausgebrachten Erze mittels Wagen zu einer Kippvorrichtung verbracht werden konnten, die in die Sortieranlage mündete.

 

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Übersicht über die neuen Betriebsanlagen am Wenzel-Schacht um das Jahr 1905. Von links nach rechts:

Maschinenhaus mit Dampfmaschine; Förderturm; Erzsortieranlage die vom Förderturm per Holzbrücke erreichbar war; Laboratorium; Holzbrücke zur Erzaufbereitung (Pochwerk) mit Schornstein der Elektrizitätszentrale; davor das Haus der Betriebsleitung

(Quelle: Infotafel des Bergbaulehrpfads vor Ort)

 

Im Laufe der Zeit wurden die Golderze auf ingesamt 14 Sohlen in Teufen von 60 - 420 m gefördert. Auf jeder neuen Sohle wurde ein Querschlag bis zur nächsten Störung angelegt. Auf dem entstandenen Gang wurden dann Kamine zur nächsthöheren Sohle ausgehauen. Normalerweise waren diese 10-20m voneinander entfernt. Ausgehend von den Kaminen entwickelte sich dann ein selbstständiger Abbau, wenn rückschreitend Kammern von 4 m breite und 2-3 m Höhe ausgehauen worden. Die Anlegung der Sprenglöcher wurde per Hand mit Bohrern und Fäusteln ausgeführt. Nur zur Anlegung der Kamine wurden pneumatisch betriebene Bohrer verwendet. Die Abbauorte lagen in felsigen und sandigen Partien. Weil das Gold meist nicht mit bloßem Auge wahrgenommen werden konnte richtete man sich beim Abbau nach Analysen, die täglich mit dem ausgebrachten Material durchgeführt wurden. Nach dem Krieg wurde der Förderturm abgerissen und der Schacht durch eine noch heute sichtbare Betonplombe versiegelt. Erhalten blieben darüber hinaus nur Mauerreste des Maschinenhauses sowie das Haus der Betriebsleitung.

 

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Bergleute bei der Arbeit in einem Abbauort des Wenzel-Schachts um 1930. (Quelle: Infotafel des Bergbaulehrpfads vor Ort)

 

Aleš-Schacht (šachta Aleš)

Nach der Wiederinbetriebnahme des Bergbaus durch die englische Gesellschaft 1903 ging der Abbau rasch in große Tiefen, da das Erzlager steil einfiel. Nach dem Auffahren eines über das Erzlager hinaus verlängerten Stollens auf der 170m-Sohle wurde dort 1905 mit dem Abteufen eines Blindschachts namens Albert begonnen. Bei der Betriebseinstellung 1930 hatte man diesen auf eine Teufe von 360 m (im Bezug auf den Wenzel-Schacht) getrieben. Während der in der Nachkriegszeit erfolgenden Forschungsarbeiten wurde entschieden, den Albert-Schacht bis zur Oberfläche durchzuschlagen, weil der Wenzel-Schacht nicht mehr fahrbar war. Außerdem lag der Albert-Schacht zur Förderung auf den tiefer gelegenen Sohlen günstiger. 1951 wurde über dem vollständig hergestellten Schacht, der nun den Namen Aleš erhielt ein 11 m hoher Förderturm errichtet. Die Erkundungsarbeiten erfolgten bis 1956, wobei eine maximale Teufe von 510 m erreicht wurde. Der Schacht wurde anschließend mit einer Betonplombe versiegelt.

 

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Grubenriss der Schächte Wenzel und Aleš, gezeichnet 1933 von Hoffmann und Ježek. Erkennbar wird, die bedeutendere Teufe des neuen Schachts. Über einen Querschlag konnten weitere Abbausohlen erreicht werden.

(Quelle: Infotafel des Bergbaulehrpfads vor Ort)

 

Literatur und weiterführende Informationen

  • František Slavík: Zur Kenntnis des Goldvorkommens vom Roudný. Sitzungsberichte der königlich böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften. Sonderdruck der Sitzung am 22. März 1912, Prag 1912
  • Radomír Zelenka & Roman Živor: Hornické památky České Republiky (Praha 2019, S. 390-397)
  • Fotogalerie mit historischen und aktuellen Aufnahmen des Goldbergbaus am Roudný (englisch) (LINK)
  • Informationen zur Bergbaugeschichte am Roudný (tschechisch) (LINK)
  • wikipedia-Eintrag zum Bergbau am Roudný (tschechisch) (LINK)