Zur Geschichte des Bergbaus im Döhlener Becken

 

kurzer geologischer Überblick

 

Beim Döhlener Becken handelt es sich um eine südwestlich von Dresden befindliche Senke, die sich am Ende des Oberkarbons vor ca. 300 Mill. Jahren ins Variszische Gebirge einsenkte. Das Becken ist von Nordwest nach Südost ca. 22 Kilometer lang und von Nordost nach Südwest ca. 6 Kilometer breit. Angrenzend finden sich im Südwesten die kristallinen Gesteine des Erzgebirges, im Südosten und Nordwesten die Schiefergesteine des Elbtalschiefergebirges bzw. des Nossen-Wilsdruffer Schiefergebirges und im Nordosten die Elbtalkreide. Das Fundament des Döhlener Beckens bilden im Nordosten Monzonite und Kontaktgesteine des Meißner Massivs, im zentralen Teil Gesteine des Elbtalschiefergebirges und im Südwesten die Gneise des Erzgebirges.

 

Beginnend im Oberkarbon lagerten sich im Döhlener Becken im Rotliegenden über einen Zeitraum von ca. 40 Mill. Jahren Sedimente in einer Mächtigkeit von mehreren hunderten Metern ab. Dabei handelte es sich vorwiegen um Pyroklasten, Sandsteine und Konglomerate. Die Grenzen des Rotliegenvorkommen im Döhlener Becken werden in etwa durch die Lage der Orte Wilsdruff und Unkersdorf im Nordwesten sowie Kreischa und Kautsch im Südosten markiert. Namensgeber des Beckens ist der Ort Döhlen, heute ein Stadtteil von Freital.

 

Döhlener Becken Steinkohle Bergbau Geologie Karte

 

Das etwa 120 km2 große Döhlener Becken (rot gestrichelt) ist mit einer Mächtigkeit von bis zu etwa 750 Metern mit Eruptivgesteinen und Sedimenten ausgefüllt. Eingeschaltet ist eine Steinkohlenlagerstätte (weiß gestrichelt), die eine Ausdehnung von etwa 11 x 3 km hat. Die abbauwürdigen Flöze umfassen eine Fläche von etwa 25 km2 und reichen etwa von Oberhermsdorf im Nordwesten bis Possendorf im Südosten. (Ausschnitt der Geologischen Karte des Königreichs Sachsen Sektion X Dresden von 1846)

 

Die Sedimentfüllung des Beckens wird in vier geologische Formationen eingeteilt:

  • Bannewitz-Hainsberg-Formation (Oberrotliegend, teils über 400 Meter mächtig),
  • Niederhäslich-Schweinsdorf-Formation (Unterrotliegend, bis ca. 370 Meter mächtig),
  • Döhlen-Formation (Unterrotliegend, bis ca. 110 Meter mächtig),
  • Unkersdorf-Formation (Oberkarbon, bis ca. 230 Meter mächtig).

Tektonische Bewegungen haben zu Verwerfungen innerhalb der Schichtenfolge der Formationen geführt, dabei wurden teilweise Sprunghöhen zwischen den einzelnen Schichten von 350 Metern erreicht. Für den Bergbau ist die Döhlen-Formation bedeutsam, da sich in dieser bis zu 7 wirtschaftlich bedeutende Steinkohle- und Brandschieferflöze befinden, die den Bergbau in der Region begründeten. Im Liegenden der Flöze tritt zudem eine unregelmäßig und dispers verteilte Uranvererzeung auf, die in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts im Mittelpunkt des Bergbaus stand. Die Flöze stellen sich wie folgt dar:

  • 1. Flöz: durchschnittlich 4 bis 6 Meter mächtige Kohlebank, lokal bis knapp 12 Meter
  • 2. Flöz: 0,3 bis 0,4 Meter mächtige Brandschieferschicht
  • 2a. Flöz: 0,1 bis 0,3 Meter mächtige Brandschieferschicht
  • 3. Flöz: 0,9 bis 1,1 Meter mächtig, vorwiegend Brandschiefer
  • 4. Flöz: 0,2 bis 0,4 Meter mächtige Brandschieferbank
  • 5. Flöz: bis zu 2,5 Meter mächtig, lokal bis 6 Meter; umfasst Brandschiefer und Kohlebänke
  • 6. Flöz: 1,1 bis 2,5 Meter mächtige Schicht von Brandschiefer- und Zwischenlagen
  • 7. Flöz: bis zu 1,5 Meter mächtige Schicht aus verkieselten Brandschiefer

Das 1. Flöz (Hauptflöz) war aufgrund seiner Mächtigkeit das bedeutendstes Kohleflöz. Es war am nächsten zur Tagesoberfläche gelegen und wies einen vergleichsweise geringen Aschegehalt auf. Das 5. Flöz verfügte hingegen über uranführende Bänke mit einer Mächtigkeit bis 0,6 Meter und stand wegen dieser Uranführung nach 1948 im Mittelpunkt der Bergbauaktivitäten.

 

Döhlener Becken Steinkohle Bergbau Geologie Karte

Diese Darstellung von 1890 zeigt die Höhenschichtenkarte des 1. Flözes, des wichtigsten Kohleflözes im Döhlener Becken. Angegeben sind zudem die Mächtigkeiten des Flözes, die Lage der Verwerfungen und die bis 1890 aufgefahrenen und in Betrieb stehenden Schachtanlagen. (Tafel III zur Geologischen Spezialkarte des Königreichs Sachsen - Das Steinkohlenbecken des Plauen'schen Grundes bei Dresden)

 

Bergbaugeschichte Teil I - von den Anfängen bis zur Industrialisierung (1542 - 1806)

 

Die Anfänge des Steinkohlenbergbaus in und um Freital reichen urkundlich bis 1542 zurück. In diesem Jahr erhielt der Münzmeister Hans Biener eine Förderkonzession für Steinkohle. Im gleichen Jahr beantragten auch Hermann von Tauschwitz aus Potschappel und die Brüder Peter und Nickel Zeutsch auf Burgk Abbaukonzessionen. Auch der Bergbauwissenschaftler Georgius Agricola erwähnte schon 1546 den Steinkohlenabbau im Plauenschen Grund. Die frühe Förderung beschränkte sich jedoch auf (saisonal betriebene) Gewinnungsarbeiten an den Ausstrichstellen der Kohleflöze. Die geförderte Kohle diente zur Gewinnung von Alaun, das u. a. als Beizmittel für Leder verwendet wurde. Kurfürst August von Sachsen betrieb ein solches Werk im Garten des Rittergutes Burgk. Rasch gingen die oberflächennahen Kohlegräbereien in den Tiefbau über. Schon 1576 wird ein Stollen bei Potschappel erwähnt.

 

Döhlener Becken Steinkohle Bergbau Burgk Rotkopf-Görg-Sage

 

Dort, wo der Beginn des Bergbaus im Dunkeln liegt, ranken sich oft Sagen um seinen Anfang - so auch im Döhlener Becken. Diese Skulptur im Garten von Schloss Burgk stellt die Rotkopf-Görg-Sage dar. Sie erzählt, dass sich im Inneren des Windbergs einst ein Zauberschloss befunden hat. Der arme Dorfmusikant Rotkopf Görg wurde hierhin von einem Berggeist entführt, um für eine Feiergesellschaft am Zauberschloss zu musizieren. Nach seiner Musik hielt er den Hut zum Empfang einer Gabe in die Runde, doch die Berggeister füllten nur glühende Kohlen hinein, die Görg entsetzt wegwarf. Erst am nächsten Tag sah er, dass sich ein kleines im Hut verbliebenes Kohlestück in pures Gold verwandelt hatte. Er suchte erneut den Zugang in den Berg, fand diesen aber nicht mehr.

 

Bedeutsam war ein Schiedsspruch der Bergschöppenstühle in Freiberg und Joachimsthal von 1612, der auf Initiative der Grundherren von Pottschappel und Zauckerode erlassen wurde. Darin wurde (entgegen früherer Festlegungen des Kurfürsten) die Steinkohle als "Nichterz" aus dem Bergregal ausgegliedert. Damit lagen die Abbaurechte bei den Grundbesitzern, die allerdings Abbaugenehmigungen bei den kurfürstlichen Bergämtern Freiberg (für die Abbaugebiete westlich der Weißeritz) und Altenberg (für die Abbaugebiete östlich der Weißeritz) einzuholen hatten. Im Dreißigjährigen Krieg kam die Steinkohlenförderung zum Erliegen. Nach Kriegsende machte sich in Sachsen und insbesondere im Freiberger Revier ein zunehmender Holzmangel bemerkbar, so dass Versuche zum Einsatz von Steinkohle in den Schmelzhütten und Bergschmieden zunahmen. Der Oberhüttenmeister Lingke stellte solche Versuche bereits 1628 an.

 

Eine Intensivierung der Kohleförderung ist im ausgehenden 17. Jahrhundert erkennbar. So wurde ab 1680 östlich der Weißeritz der Potschappler Stolln aufgefahren, der eine Länge von 2.218 Metern erreichte und über Flügelörter fünf Schächte erreichte. Westlich der Weißeritz wurde in Zauckerode ab 1727 vom Tal der Wiederitz, einem Zufluss der Weißeritz, der Claus-Stolln aufgefahren, der bis 1752 mit einer Länge von 1.900 Metern die Kohlegruben in Kohlsdorf und Pesterwitz entwässerte. Mit dem Burkhardt Stolln wurde ab 1747 ein weiterer Entwässerungsstollen links der Weißeritz mit einer Länge von ca. 1.500 Metern aufgefahren

 

Aufgrund des katastrophalen Holzmangels untersagte der sächsische Kurfürst 1736 jegliche Holzkohlenutzung in den Freiberger Bergschmieden, so dass sich der Zwang zur Steinkohlennutzung intensivierte. Auch in den Salinen herrschte zu dieser Zeit ein akuter Brennstoffmangel. Der Kohleeinsatz in den Schmelzhütten scheiterte vorerst noch aufgrund der Schwefelgehalte der Kohle. Zu dieser Zeit existierten in Burgk, Döhlen, Kohlsdorf, Pesterwitz und Potschappel zwar über 30 Bergbaubetriebe, von denen nach einem Bericht des Bergrates Johann Gottfried Borlach von 1738 jedoch keiner den bergbautechnischen Ansprüchen genügte. Die Kohlegwinnung war gering, durch teils erhebliche Wasserzuflüsse erschwert und offensichtlich nicht frei von Gefahren. So ist in einem Bericht von 1743 von einer "Befahrung der zu Pesterwitz und Burgk theils in Brand geratenen und theils sonst zu Bruch gegangenen Steinkohlenwerke" die Rede.

 

Döhlener Becken Bergbau Steinkohle Grubenriss Burgk

Der Ausschnitt eines Grubenrisses von 1774 aus dem Bereich des Rittergutes Burgk zeigt interessante Details des Grubenbetriebs im 18. Jahrhundert. Unten links transportiert ein Bergmann die gewonnene Kohle mit einem Tragekorb durch verschiedene Strecken zur Schachtanlage. Diese besteht aus zwei überdachten Haspelschächten. Der linke Schacht dient der Kohleförderung, der rechte zur Wasserhaltung sowie Ein- und Ausfahrt der Bergleute. In beiden Schächten wird mit Handhaspeln gearbeitet. Im Wasserschacht muss der wassergefüllte Kübel allerdings nur bis zur reichlichen Hälfte gehoben werden und kann dort in einen Stollen (vermutlich ein Flügel des Burgker Weißeritzstolln) zum Abfluss gekippt werden. Die Ein- und Ausfahrt der Bergleute erfolgt über hölzerne Fahrten.

 

Das Fürstliche Kohlemandat von 1743 versprach Abhilfe, denn es gestattete den Abbau für Jedermann, auch unter fremden Grund und Boden, sofern der Grundeigentümer den Abbau nicht selbst aufnahm. Dies begünstigte die Gründung von Abbaugewerkschaften, weche mehr Kapital einwerben und die Abbauaktivitäten koordinierter gestalten konnten. 1745 gründete sich die Döhlische Steinkohlengewerkschaft. Im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) wurden die Bergwerke und Tagesanlagen teilweise durch Soldaten zerstört und verbrannt.

 

Nach Kriegsende bemühten sich insbesondere die Rittergutsbesitzer um eine schrittweise Klärung bestehender rechtlicher Auseinandersetzungen zwischen ihnen bzw. anderen Grundbesitzern und Bergbautreibenden, um den Bergbau in Aufschwung zu bringen. Ein forcierter Abbau war notwendig und versprach entsprechende Gewinne, da sich die Holzknappheit immer prekärer darstellte und der Bedarf nach Steinkohlen stieg.

 

In dieser Zeit erwarb Carl Gottfried Dathe 1767 das Rittergut Burgk samt den dazugehörigen Bergwerken, die er in den folgenden Jahren modernisierte und erweiterte. Zugleich erwarb Dathe weitere Ländereien im Umfeld. Ab 1773 ließ er den Burgker Weißeritzstolln zur Grubenentwässerung anlegen, der bis 1836 eine Länge von ca. 2.550 Metern erreichte. Bis 1780 wurden mit dem Alten Schacht (125 Meter) und dem Kunstschacht (101 Meter) die ersten Tiefschächte im Revier abgeteuft. Unter dem Nachfolger Carl Gottlieb Dathe entwickelte sich das Burgker Bergwerk bis 1805 zu einem Betrieb mit über 400 Mann Belegschaft.

 

 

Ein weiterer Ausschnitt des Grubenrisses der Burgker Bergbauanlagen von 1774 zeigt einen Steiger, der offensichtlich die damals unregelmäßig entstandenen Abbauweitungen begutachtet. Dabei durchschneiden drei als "Fletze" bezeichnete Störungen den Abbaubereich. Dargestellt ist links zudem die angetroffene Schichtung der aufgeschlossenen Gesteine samt der darin enthaltenen Kohleflöze. Man beachte den Hinweis auf "Die obre Kohle" und "Die gute Schicht".

 

Auch die Rittergutsbesitzer der Familie von Schönberg auf Döhlen und Zauckerode bzw. Graf von Hagen auf Potschappel bemühten sich um eine stärkere Kohleförderung auf ihren Besitzungen. Von Hagen lieferte u. a. Steinkohle für den Betrieb der ersten Wattschen Dampfmaschine, die in Hettstedt (Preußen) errichtet wurde. 1801 erbaute er in Potschappel die erste deutsche Glasfabrik mit Steinkohlenfeuerung. Es zeigte sich allerdings, dass die finanziellen Möglichkeiten für die notwendige Intensivierung des Bergbaus nicht ausreichten. Die Kohlebedarfe der Bergschmieden und insbesondere der Freibeger Schmelzhütten konnte nur begrenzt befriedigt werden. Im Gegenzug musste der Abbau in immer tiefere Bereiche vordringen, was die Anlage weiterer Tiefschächte, Stollen und Förder- und Entwässerungsanlagen erforderte.

 

Deshalb engagierte sich der Staat selbst seit Ende des 18. Jahrhunderts wieder im Bergbau. So übernahm er 1799 den Betrieb des ab 1791 aufgefahrenen Leopold Erbstolln (Länge ca. 600 Meter). Anfang 1806 erwarb Kurfürst Friedrich August III. die Rittergüter Döhlen und Zauckerode samt den Gruben der 1745 gegründeten Döhlische Steinkohlengewerkschaft sowie den Rechten an den Potschappler Kohlenfeldern. Unter Leitung des Bergrates Carl Wilhelm von Oppel begannen umfangreiche Modernisierungs- und Erweiterungsmaßnahmen. Dafür wurden auch Bergleute aus Johanngeorgenstadt und dem Mansfelder Land abgeordnet.

 

Die Bergbauanlagen des Rittergutes Burgk gelangten 1819 in den Besitz von Carl Friedrich August Krebß, der sich ab 1829 Carl Friedrich August Freiherr Dathe von Burgk nannte. Noch 1819 gründete er die Freiherrlich von Burgker Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke mit dem Ziel der Reorganiserung und Modernisierung der Steinkohlenförderung am Ostufer der Weißeritz.

 

Somit bestanden zu Beginn des 19. Jahrhunderts sowohl links wie rechts der Weißeritz mit den Gruben in Burgk (Dathe von Burgk) und in Zauckerode/Döhlen (staatlich) zwei Unternehmen, welche die Entwicklung des Bergbaus in den nächsten Jahrzehnten maßgeblich prägen sollten.

 

Bergbaugeschichte Teil II - Technisierung und industrieller Höhepunkt des Abbaus (1806 - 1914)

 

Da die Grubenbetriebe nach wie vor unter starken Wasserzuflüssen litten, erfolgte schon 1800 der Anschlag des Tiefen Weißeritz Stolln, der die Grubenfelder links der Weißeritz entwässerte. Er erreichte bis 1842 einschließlich der Flügelorte eine Länge von ca. 6.630 Metern und verfügte über 21 Lichtlöcher. Doch schon ab 1817 wurde auf Vorschlag des Bergrats von Oppel mit dem Tiefen Elbstolln ein noch tieferer Stollen als zentraler Entwässerungsstollen angelegt. Er wurde 1836 vollendet und erreichte vom Mundloch an der Elbe bei Briesnitz bis zum ab 1833 abgeteuften Oppelschacht, dem neuen Haupt-, Kunst- und Förderschacht des Königlichen Steinkohlenwerks Zauckerode, eine Länge von ca. 6.000 Metern. Vom Oppelschacht aus wurden zwei Stollenflügel aufgefahren, so dass sich eine Gesamtlänge von ca. 11.000 Metern ergab.

 

Döhlener Becken Bergbau Steinkohle Tiefer Elbstolln Mundloch Elbe

Blick auf das Mundloch des Tiefen Elbstolln an der Elbe bei Briesnitz. Der Stollen verfügt über einen vergleichsweise großen Querschnitt von 2,97 Meter Höhe und 1,49 Meter Breite, da in ihm ursprünglich auch der Kohletransport mit Holzkähnen vorgesehen war. Dieser Abtransport wurde aufgrund des sich rasch entwickelten Eisenbahnwesens nicht realisiert. Die Baukosten des weitgehend in Sandstein gemauerten Stollens beliefen sich auf reichlich 520.000 Taler. Er entwässert das Revier bis heute.

 

Die Konkurrenz aus dem räumlichen Nebeneinander des staatlichen königlichen Steinkohlenwerks Zauckerode (KSZ) und der privaten Freiherrlich von Burgker Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke (BSE) begünstigte die Intensivierung des Abbaus und die Einführung technischer und sozialer Neuerungen im gesamten Revier. Dazu zählten u. a.:

  • 1810 (KSZ): Entwicklung eines Verfahrens zu nassmechanischen Kohlenaufbereitung sowie Bau einer ersten Kohlenwäsche (1820)
  • 1820 (KSZ): Einsatz der ersten Dampfmaschine im sächsischen Bergbau auf dem Neuen Zauckeroder Kunstschacht
  • 1822 (BSE): erster Einsatz einer Dampfmaschine auf dem Wilhelminenschacht
  • 1827 (BSE): Eröffnung einer Bergschule
  • 1842 (BSE): Inbetriebnahme des ersten sächsischen Kokshochofens am Eisenhammer Dölzschen (seit 1846 König-Friedrich-August-Hütte) unter Verwendung von Berggießhübeler Eisenerz
  • 1857 (BSE): Eröffnung eines Werkskrankenhauses
  • 1876/78 (KSZ): Entwicklung und erster Einsatz einer Schrämmaschine durch den Flugpionier Otto Lilienthal
  • 1882 (KSZ): Einsatz der ersten elektrischen Grubenbahnlokomitive der Welt im Dauerbetrieb in einem Querschlag des Oppelschachtes
  • 1895 (KSZ): Bau der ersten Waschkaue (Mannschaftsbrausebad) im Revier auf dem Königin-Carola-Schacht
  • 1909 (KSZ): Einsatz der ersten elektrischen Fördermaschine auf dem König-Georg-Schacht

Im Bereich der Freiherrlich von Burgker Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke erfolgte zwischen 1810 und 1885 die Auffahrung von wenigstens 10 neuen Schächten. Dies war notwendig, da sich die Kohlevorräte im unteren Revier nahe der Weißeritz erschöpft hatten und der Bergbau sich nun stärker in Richtung Südosten orientieren musste. Betrieblich wichtig waren dabei der Neuhoffnungsschacht (ab 1837) und der Segen-Gottes-Schacht (ab 1856), die ab 1862 ein vereinigtes Grubenfeld bildeten, der Augustusschacht (ab 1846) und der Glückaufschacht (ab 1867). Der ab 1886 angelegte Marienschacht in Bannewitz im Osten des Döhlener Beckens war der letzte aufgefahrene große Schacht und mit einer Endteufe von 555 Metern auch der tiefste Schacht des Unternehmens. Die Freiherrlich von Burgker Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke zählten in den 1860er Jahren etwa 1.700 Mann, die Fördermenge lag 1868 bei etwa 260.000 Tonnen Kohle pro Jahr. Eine ähnliche Förderleistung wurde 1908 nochmals erreicht, allerdings hatte sich die Belegschaft bis dahin schon auf ca. 1.100 Mann reduziert.

 

Döhlener Becken Bergbau Steinkohle Pferdegöpel Bergerschacht

Diese Abbildung des Bergerschachtes der Freiherrlich von Burgker Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke zeigt die sprunghafte technische Entwicklung im 19. Jahrhundert. Während der Schacht 1824 noch einen neuen Pferdegöpel zur Förderung erhielt, raucht im Hintergrund rechts schon die zwei Jahre zuvor installierte Dampfmaschine auf dem Wilhelmschacht. Ab 1844 nutzte dann auch der Bergerschacht eine Dampfmaschine zur Förderung und Wasserhaltung.

 

Durch das königliche Steinkohlenwerk Zauckerode wurden zwischen 1809 und 1902 wenigstens 16 Schachtanlagen neu aufgefahren. Damit sollten die alten und verstreut liegenden Schächte durch leistungsfähige und tiefere Förder- und Wetterschächte ersetzt werden. Bedeutsam war dabei neben dem bereits genannten Oppelschacht insbesondere die Doppelschachtanlage des Königin-Carola-Schacht (1872/76), die bis 1959 betrieben wurde. Der zwischen 1902 und 1937 betriebene König-Georg-Schacht (1902 bis 1937) war mit einer Teufe von 575 Metern der tiefste Schacht im Revier. Die Belegschaft im königlichen Steinkohlenwerk Zauckerode lag zur Gründung 1806 bei 193 Mann und erreichte ab den 1870er Jahren mit ca. 1.300 Mann ihren Höhepunkt. Der Förderhöhepunkt wurde 1900 mit etwa 320.000 Tonnen Kohle pro Jahr erreicht.

 

Döhlener Becken Steinkohle Bergbau Zauckerode Oppelschacht

 

Der Oppelschacht war bis zum Bau der Doppelschachtanlage des Königin-Carola-Schacht das bergbauliche und administrative Zentrum des Königlichen Steinkohlenwerks. Die Abbildung aus der Zeit um 1855 zeigt den umfangreichen Gebäudebestand mit Anlagen zur Förderung, Kohlewäsche, Koksbereitung sowie Verwaltungs- und Wohngebäuden.

 

Neben den beiden großen Bergbauunternehmen waren im 19. Jahrhundert am Rand des Döhlener Beckens u. a. in Kleinopitz, Oberhermsdorf, Possendorf, Rippien, Wilmsdorf und Wittgensdorf verschiedene kleine Bergbauunternehmen tätig, die mit ihren Schachtanlagen aber nur qualitativ schlechte Kohle erschlossen oder gar keine Flöze antrafen. Der Betrieb endete deshalb oft nach kurzer Zeit.

 

Erfolgreicher waren hingegen die Aktivitäten des Hänichener Steinkohlenbau-Vereins, der im Südosten des Döhlener Beckens zwischen 1846 und 1906 drei moderne Tiefschachtanlagen betrieb. Geringe Flözmächtigkeiten und die Lage des Grubenfeldes im Bereich großer geologischer Verwerfungen limitiierten jedoch die Wirtschaftlichkeit des Abbaus. Zum Höhepunkt des Bergbaus förderte das Unternehmen 1871/72 insgesamt etwa 107.000 Tonnen Kohle pro Jahr. Die Zahl der Beschäftigten erreichte 1856 mit 622 Mann ihren Höchststand. Die Leitung des Unternehmens hatte einen großen Anteil am Bau der Albertsbahn Dresden - Tharandt (1855) und der davon abzweigenden Hänichener Kohlenzweigbahn (1856), die heute als Winbergbahn bekannt ist und durch ihre Steigungen und Kurven als erste deutsche Gebirgsbahn gilt.

 

Steinkohle Döhlener Becken Steinkohle Hänichen Beckerschacht Malakowturm

Typisch für die in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts abgeteuften Schächte war die Konstruktion der Fördertürme als massiv gemauerte Malakow-Türme, benannt nach einem russischen Festungsbauwerk in Sewastopol - so wie hier beim Beckerschacht in Hänichen. Mit Zunahme der Stahlproduktion setzten sich ab Ende des 19. Jahrhunderts Stahlfördergerüste durch. Im Döhlener Revier blieb bis heute einzig der zuletzt errichtete Malakowturm des Marienschacht erhalten. Die anderen Fördertürme ereilte das Schicksal des Beckerschachtes, der 1906 gesprengt wurde.

 

Die Jahre zwischen 1863 und 1909 können als Höhepunkte des Bergbaus im Döhlener Revier angesehen werden. In diesen Jahren lag die Jahresförderung durchweg bei mehr als 500.000 Tonnen Kohle pro Jahr. Bereits in den frühen 1870er Jahren erreichte die Kohleförderung mit Jahresförderungen von teils 640.000 Tonnen Kohle pro Jahr einen Höhepunkt. Der absolute Förderhöhepunkt wurde 1900 mit 661.000 Tonnen Kohle pro Jahr erreicht. Abnehmer waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr nur die Freiberger Schmelzhütten. Im Umfeld der Kohlegruben hatten sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zahlreiche neue Industriebetriebe, darunter Glashütten, Papier- und Maschinenfabriken, ein Gußstahlwerk und eine Chemiefabrik angesiedelt, die ebenfalls wichtige Kohleabnehmer waren. Die Zahl der Beschäftigten überschritt 1856 die Grenze von 4.000 Mann und erreichte 1862 mit 4.554 Mann ihren Höhepunkt. Die fortschreitende Technisierung des Abbaus ermöglichte in den folgenden Jahren einen stetigen Personalabbau bei gleichzeitiger Erhöhung der Jahresförderleistung pro Kopf. Schon ab 1884 sank die Zahl der Bergleute im Döhlener Revier dauerhaft auf unter 3.000 Mann.

 

Allerdings war die Förderung, insbesondere vor der Hochzeit des Abbaus, nicht frei von Gefahren. Immer wieder ereigneten sich Schlagwetterexplosionen, bei denen Bergleute ums Leben kamen, so 1837 auf dem Fortunaschacht (5 Tote), 1850 auf dem Windbergschacht (8 Tote), 1855 auf dem Augustusschacht (1 Toter), 1858 auf dem Wilhelminenschacht (1 Toter) und 1876 erneut auf dem Windbergschacht (25 Tote). Die größte Katastrophe ereilte am 2. August 1869 das vereinigte Grubenfeld des Segen-Gottes-Schachtes und des Neuhoffnungsschachtes der Freiherrlich von Burgker Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke. Ungenügende Bewetterung verursachte eine Schlagwetterexplosion, die 276 Bergleuten der eingefahrenen Frühschicht das Leben kostete. Nur 5 Bergleute konnten sich retten. Es handelt sich bis heute um das viertschwerste Unglück in der deutschen Bergbaugeschichte.

 

Döhlener Becken Bergbau Steinkohle Grubenunglück Segen-Gottes-Schacht Neuhoffnungs-Schacht

Die Kohleflöze rechts der Weißeritz waren aufgrund der höheren Urangehalte einer stärkeren Inkohlung ausgesetzt, was zu höheren Methanaustritten führte und die Gefahr von Schlagwetterexplosionen erhöhte. Die Gruben der Freiherrlich von Burgker Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke hätten deshalb umfangreich bewettert werden müssen. Dies unterblieb jedoch aus Kostengründen. So war die Katastrophe von 1869 nur eine Frage der Zeit. Die Zahl der Opfer hätte noch höher ausfallen können, doch ein Teil der Bergleute war wohl wegen der Teilnahme am Dresdner Vogelschießen am Vortag nicht zur Schicht erschienen. Die historische Abbildung zeigt die Bestattung der Toten am Segen-Gottes-Schacht.

 

Döhlener Becken Steinkohle Bergbau

 

Der Freiberger Fotograf Heinrich Börner (1864-1943) besuchte um 1890 das Döhlener Revier und nahm in den Grubenbauen des Königlichen Steinkohlenwerks Zauckerode eine Reihe bemerkenswerter Fotos auf, von denen nachfolgend eine Auswahl gezeigt wird. Dieses Bild zeigt eine Abstimmung über das Gedinge, d. h. die Leisungsentlohnung im Bergbau. Die Entlohnung erfolgte dabei in Abhängigkeit der geologischen Bedingungen. Das Foto zeigt deutlich, dass die Kohleflöze teilweise mit tauben Gesteinsschichten durchsetzt waren.

Döhlener Becken Bergbau Steinkohle

 

Der Streckenvortrieb im Kohleflöz fand Ende des 19. Jahrhunderts schon mittels Sprengarbeit statt. Der Hauer links schlägt gerade das nächste Bohrloch aus, während der Hauer rechts noch mit der Keilhaue Massen freilegt, wohl um nachfolgend ebenfalls eine Sprengung vorzubereiten. Die Strecke ist mit einem hölzernen Türstockausbau gegen herunterbrechende Kohle und Gesteinsmassen gesichert. Das mitgewonnene taube Gestein wurde links zu einer Trockenmauer aufgeschichtet. Die Bewetterung mit Frischluft erfolgt über den Rohrstrang an der Firste.

Döhlener Becken Bergbau Steinkohle

 

Dieser Abbauort im Kohleflöz zeigt ansatzweise die Dimensionen der dabei entstehenden Weitungen. In diesem Fall wird der etwa 4 Meter hohe Abbauraum mit Holzausbauten gesichert, der Bergmann auf der Fahrt bringt gerade einen weiteren Stempel ein. Die Hauer rechts hinten sind bereits mit dem Schlagen neuer Bohrlöcher beschäftigt.

Döhlener Becken Steinkohle Bergbau Bohrmaschine

 

Hochmodern waren die ebenfalls zum Einsatz kommenden elektrischen Diamantbohrmaschinen. Das Foto zeigt eine solche Maschine beim Vortrieb im tauben und sehr harten metamorphen Grundgestein des Döhlener Beckens. Die Aufnahme entstand vermutlich 1888/89 in einem Querschlag des Königin-Carola-Schacht.

Döhlener Becken Steinkohle Bergbau Schacht Förderkübel

 

Deutlich mühsamer war hingegen das Abteufen der Schachtanlagen. Das Foto könnte im Schacht 2 der Doppelschachtanlage des Königin-Carola-Schacht entstanden sein, der 1893 bis zur 10. Hauptstrecke niedergebracht wurde. Die Hauer links sind mit dem Schlagen von Bohrlöchern beschäftigt. Das so gewonnene Gestein wurde mittels Dampfmaschine mit der eisernen Fördertonne nach oben befördert. Die Bergleute selbst mussten jedoch noch über Fahrten den Schacht verlassen. Die wasserfeste Kleidung der Bergleute und die Wassermassen auf der Sohle zeigen eindrucksvoll, dass das Schachtniederbringen eine äußerst feuchte Angelegenheit war. 

Döhlener Becken Steinkohle Bergbau Grubenpferd

 

Wohl seit 1873 kamen im Königlichen Steinkohlenwerk Zauckerode auch Pferde zum untertägigen Huntetransport zum Einsatz. Sie zogen bis zu 10 volle Hunte mit einem Gesamtgewicht von bis zu 8 Tonnen. Auch die Freiherrlich von Burgker Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke setzten seit 1880, der Hänichener Steinkohlenbauverein seit 1887 Pferde und Ponys ein. Obwohl schon seit 1882 elektrische Grubenbahnen zum Einsatz kamen, wurden auf den Hauptstrecken des Königin-Carola-Schacht noch bis 1926 Grubenpferde eingesetzt.

Döhlener Becken Steinkohle Bergbau Grubenbahn Dorothea

 

Nachdem die Kohleförderung auf der 5. Hauptstrecke des Oppelschacht auf 800 Hunte/Tag angewachsen war, kam der Hunttransport mittels Grubenferden an seine Leistungsgrenzen. Deshalb wurde die Strecke zweigleisig ausgebaut und die Firma Siemens & Halske lieferte eine elektrische Grubenlokomotive, die  ab 1882 als weltweit erste Lok ihrer Art in den Dauerbetrieb ging. Das Foto zeigt die "Dorothea" genannte Lok im Einsatz. Interessant ist die Handbedienung der Oberleitung, die deutlich zu sehen ist. Die Lok war bis 1890 im Einsatz, gelangte dann zurück zum Hersteller und ist seit 1999 im Bergbaumuseum auf Schloss Burgk ausgestellt.

 

Bergbaugeschichte Teil III - Niedergang und Autarkie-Bergbau (1914 - 1945)

 

Während des Ersten Weltkrieges beeinflusste die Einberufung von Teilen der Bergleute zum Militärdienst die Förderung, die im gesamten Revier 1916 auf knapp 390.000 Tonnen zurückging. In einzelnen Schächten musste die Förderung aufgrund von Personalmangel eingestellt werden. Zunehmend zeigte sich auch die Erschöpfung einzelner Kohlefelder. Zudem war im Steinkohlenbergbau nach Ende des Ersten Weltkrieges eine Absatzkrise zu beobachten.

 

Diese Entwicklung traf insbesondere die Gruben der privat betriebenen Freiherrlich von Burgker Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke. Hier war es schon während des Krieges zur Stillegung des Wilhelminenschachtes (1915) und des Segen-Gottes-Schachtes (1916) gekommen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden nur noch der Glückauf-Schacht und der Marienschacht betrieben. In beiden Gruben erreichte der Abbau 1927/28 die Schachtsicherheitspfeiler. Die Ende 1929 beginnende Weltwirtschaftskrise brachte dann das endgültige Aus der Förderung. In beiden Schächten wurde im April 1930 der letzte Hunt Kohle gefördert, die Schachtanlagen wurden verfüllt und abgeworfen. Die 1902 am Glückauf-Schacht errichtete Brikettfabrik arbeitete unter Bezug von Kohlen des Staatlichen Steinkohlenwerks Zauckerode noch bis 1945 weiter. Dann endeten die Bergbauaktivitäten der Burgker Werke endgültig.

 

Döhlener Becken Steinkohle Bergbau Borhammer Pickhammer

 

Bereits ab 1906 fanden im Königlichen Steinkohlenwerk Zauckerode Versuche mit Pressluftbohrhämmern statt, die in den folgenden Jahren im gesamten Revier zum Einsatz kamen. Ab Mitte der 1920er Jahre wurden auch Pressluftabbauhämmer, sogenannte Pickhämmer, angewendet. Das Foto zeigt oben einen Borhammer der Firma Flottmann (AT 18 ) aus den 1930er Jahren, in der Mitte einen Pickhammer von Flottmann (CE 09) aus der Zeit um 1940 und unten einen weiteren Bohrhammer von DEMAG (NH 55) aus den 1920er Jahren. Alle drei Modelle kamen im Döhlener Becken zum Einsatz.

 

Das ehemals Königliche Steinkohlenwerk Zauckerode firmierte mit Ende des Ersten Weltkrieges als Staatliches Steinkohlenwerk Zauckerode. Ab 1923 war es Teil der Aktiengesellschaft Sächsische Werke (ASW), in welcher die wichtigsten sächsischen Kohle- und Energieunternehmen zusammengefasst waren. Auch hier machte sich die Absatzkrise der Nachkriegszeit und die Erschöpfung der Vorräte bemerkbar, obwohl in einzelnen Kohlefeldern teilweise bis zur absoluten Bauwürdigkeitsgrenze gefördert wurde. Unter der Ägide der ASW erfolgte die konsequente Rationalisierung des Betriebes. Zunehmend unwirtschaftliche Abbauorte wurden stillgelegt. Das betraf 1923 den Albertschacht, 1927 den Oppelschachtes und 1937 auch den Georg-Schacht (ehemals König-Georg-Schacht). Nicht mehr benötigte Bergleute wurden teilweise in die aufblühenden Braunkohlenwerke der ASW in Böhlen, Espenhain und Hirschfelde umgesetzt.

 

1935 erfolgte die Wiederaufwältigung des schon 1922 abgeworfenen Förderschachtes am 21. Lichtloch des Tiefen Weißeritz Stolln, der unter der Bezeichnung Schachtanlage Niederhermsdorf arbeitete. Dabei kam ab 1943 die erste Akkulok im Döhlener Revier zum Einsatz. Durchgehend in Förderung stand auch der Carola-Schacht (ehemals Königin-Carola-Schacht). Obwohl auch hier Ende der 1930er Jahre eine Erschöpfung der Vorräte festzustellen war, wurde der zunehmend unrentable Abbau im Rahmen der Autarkie-Politik der Nationalsozialisten fortgeführt. Er konzentrierte sich auf Kohlefelder, die bislang als unbauwürdig und unrentabel galten.

 

Bergbaugeschichte Teil IV - von der Kohle- zur Uranförderung (1945 - 1989)

 

Der Abbau wurde auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges fortgeführt, um den Kohlebedarf für die Wirtschaft und die privaten Haushalte zu decken. Dazu wurde 1946 neben dem wiederaufgewältigten Oppelschacht, dessen Schachtröhre zu stark deformiert war, der Oppelschacht II neu angelegt. Dieser erhielt nach einer 1948 gefahrenen Hochleistungsschicht den Namen Arthur-Teuchert-Schacht. Nach einer gleichen Schicht wurde auch der Carola-Schacht 1948 in Paul-Berndt-Grube umbenannt. Schon im September 1945 begann zudem am östlichen Ufer der Weißeritz die Wiederaufnahme der Förderung im unteren Revier Burgk. Hier hatten die Freiherrlich von Burgker Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke bereits im Ersten Weltkrieg Erkundungen vorgenommen, jedoch die vorgefundenen Vorräte als zu unrentabel für einen Abbau befunden. In allen Kohlefeldern wurde das erste Flöz bis Bauwürdigkeitsgrenze von 0,60 Meter Mächtigkeit inkl. des Abbaus von Restpfeilern gefördert. Im Arthur-Teuchert-Schacht erfolgte auch eine Gewinnung von weiten Teilen des 3. Flözes. Die Erschöpfung der Vorräte führte 1952 zur Stillegung der Schachtanlage Niederhermsdorf. Ein Jahr später endete auch die Förderung im unteren Revier Burgk. Im Mai und Juni 1959 wurden auf dem Arthur-Teuchert-Schacht und der Paul-Berndt-Grube die letzten Kohlehunte zu Tage gefördert. Damit endete die Steinkohlenförderung im westlichen Teil des Döhlener Beckens.

 

Döhlener Becken Bergbau Steinkohle Oppelschacht Arthur Teuchert

Das Foto zeigt eine Arbeitsbesprechung der Brigade Teuchert im Februar 1951. Die Aufnahme entstand vermutlich im Abbaubereich des ehemaligen Oppelschachtes in einer Teufe von 407 Metern. Der Vortriebshauer Arthur Teucher fuhr im Oktober 1948 im Rahmen der Aktivistenbewegung eine Hochleistungsschicht, bei der er aufgrund entsprechender Vorbereitung und Organisation die Tagesnorm um 480% übererfüllte. Damit sollte gezeigt werden, wie mit der richtigen sozialistischen Einstellung der Werktätigen zur Arbeit die Produktivität spürbar erhöht werden konnte.

(Bundesarchiv, Bild 183-09584-0003 / CC-BY-SA 3.0)

 

Am Nordrand des Döhlener Beckens erfolgte in Gittersee zwischen 1950 und 1952 das Abteufen einer neuen  Doppelschachtanlage im Bereich der ehemaligen Potschappler Kohlefelder. Die Kohleförderung setzte hier 1955 ein. Sie konzentrierte sich auf noch gewinnbare Vorräte der Restkohlenpfeilerdes des Meiselschachtes (ehemals Gittersseer Steinkohlenbauverein) sowie des Marienschachtes und Glückauf-Schachtes der Freiherrlich von Burgker Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke. Dafür wurde ab 1957 der stillgelegte Marienschacht wieder aufgewältigt und über einen Querschlag mit dem Schacht Gittersee verbunden. Der Abbau umfasste nicht nur die Restpfeiler des 1. Flözes, sondern konzentrierte sich nun auch auf die tiefer liegenden und bislang unbebauten Flöze 3 und 5. Diese waren jedoch aufgrund des Aschegehaltes und die Vermengung mit taubem Gestein nur begrenzt bauwürdig. Die Kohleförderung des Bergwerks, das ab 1958 den Namen Steinkohlenwerk Willy Agatz trug, gestaltete sich ab Anfang der 1960er Jahre zunehmend unrentabel, so dass die Gewinnung im November 1967 aufgrund der Erschöpfung der Vorräte eingestellt wurde.

 

Zumindest vor dem Hintergrund der Energieerzeugung endete damit die Kohlegewinnung der "Energiekohle" im Döhlener Becken nach mehr als 400 Jahren.

 

Döhlener Becken Bergbau Steinkohle Hunt

 

Im Bergbaumuseum Schloss Burgk befindet sich der letzte am 22. Juni 1959 geförderte Kohlehunt der Paul-Berndt-Grube, die 1872 als Königin-Carola-Schacht aufgefahren wurde.

 

Der Bergbau selbst wurde jedoch noch weiter fortgeführt. Im Blickpunkt des Abbaus standen nun aber Uranvererzungen, die insbesondere im 1., 3. und 5. Flöz auftraten und Erzgehalte von bis zu 0,3% aufwiesen. Im Durchschnitt lag der Urangehalt im Fördergut der sogenannten "Aktivkohle" im Zeitraum zwischen 1949 und 1989 jedoch nur bei 0,089%. Entdeckt wurden die Uranvorkommen der Steinkohle durch ab 1946 durchgeführte Erkundungen auf Halden und in Altbergbauanlagen im Rahmen des sowjetischen Nuklearprogramms.

 

Das zur Erkundung und Ausbeutung gegründete sowjetische Bergbauunternehmen WISMUT übernahm 1947 die Steinkohlenschächte im unteren Revier Burgk und den Oppelschacht. Während die Uransuche im Oppelschacht ergebnislos verlief und der Schacht 1948 wieder zur Kohlegewinnung zurückgegeben wurde, verlief die Suche im unteren Revier Burgk erfolgreicher. Hier wurden bis 1949 etwa 60.000 Tonnen uranhaltige Kohle gefördert. Danach gelangte auch dieses Areal wieder zurück zur Steinkohlenförderung. Eine weitere frühe Uranförderung erfolgte im Revier Heidenschanze am Collmberg nördlich von Gittersee. Hier wurden ab 1948 mehrere Schächte aufgefahren und bis 1954 etwa 347.000 Tonnen Kohle mit einem Gehalt von 278 Tonnen Uran gewonnen. Auch die neu in Auffahrung befindliche Doppelschachtanlage Gittersee wurde 1952 bis 1955 von der WISMUT übernommen. Sie stellte die Schachtanlage fertig und führte Ausrichtungs- und Erkundungsarbeiten durch. Ohne Erzförderung wurde die Anlage 1955 wieder dem Steinkohlenbergbau zurückgegeben.

 

Döhlener Becken Bergbau Steinkohle Wismut Uran

 

Das Werbeplakat der WISMUT aus der Nachkriegszeit zeigt das größte Problem der damaligen Zeit auf: die Rekrutierung von Arbeitskräften. Da die UdSSR dringend auf die Gewinnung von Uran als Grundlage der Atombombenproduktion angewiesen war, lockte der WISMUT-Bergbau mit hohen Lebensmittel-rationen, Zusatz- und Sonderverpflegungen wie Zigaretten, Branntwein und Kohlen sowie Urlaub und einem guten Lohn. Gleichwohl kam es auch zur Zwangsrekrutierung von Arbeistkräften in den Bergbau.

 

Erkundungen hatten bereits Anfang der 1950er Jahre uranführende Flözpartien im Bereich von Gittersee und Bannewitz bestätigt. Diese wurden in den 1960er Jahren durch weitere Tiefbohrungen präzisiert, die Uranvorräte von reichlich 3.000 Tonnen nachwiesen. Da es auch Anfang der 1960er Jahre gelang, die Aufbereitung der "Aktivkohle" erfolgreicher zu gestalten, rückten die uranhaltigen Kohlevorräte des Döhlener Beckens erneut in den Blick der WISMUT. Diese übernahm deshalb 1968 nach Einstellung der "Energiekohlegewinnung" alle Anlagen des Steinkohlenwerk Willy Agatz, um die erkundeten Uranvorräte unter den Bedingungen des Steinkohlenabbaus zu gewinnen.

 

Bis 1989 förderte das Unternehmen nochmals insgesamt knapp 3,8 Millionen Tonnen Kohle. Die Uranförderung belief sich, einschließlich der Gewinnung in den 1940er/1950er Jahren auf 3.691 Tonnen. In den 1980er Jahren nahm der Urangehalt jedoch spürbar ab, so dass die Abbaukosten ständig stiegen. Als diese ab 1984 den zwischen der DDR und der Sowjetunion vereinbarten Abnahmepreis des Urans überstiegen und zugleich der Weltmarktpreis fiel, wurde das Auslaufen der Förderung beschlossen. Die Betriebseinstellung wurde im Frühjahr 1989 auf Ende 1990 festgelegt. Im Zuge der Wende verlegte man die Schließung auf Ende 1989 vor, so dass der letzte Hunt im Dezember 1989 gefördert wurde. Aus dieser letzten Bergbauperiode heraus finden bis heute noch Verwahrungs-, Sanierungs- und Überwachungsarbeiten statt.

 

Döhlener Becken Bergbau Steinkohle WISMUT Strecke Hunt

 

Das Bergbaumuseum auf Schloss Burgk verfügt auch über einen Ausstellungsteil, in dem untertägige Strecken und Abbaubereiche aus der letzten Bergbauperiode nachgestellt sind. Hier ist eine Strecke mit Stahlausbau vom Typ A22 (Querschnitt 12,5m²) zu sehen. Die beiden Hunte sind die letzten 1989 geförderten Hunte des WISMUT-Bergbaus aus den Baufeldern Gittersee und Bannewitz.

 

In der Bilanz hinterließ die knapp 450jährige Bergbaugeschichte im Döhlener Becken über 500 Schachtanlagen, darunter 24 Großschächte mit einer Teufe von mehr als 250 Metern, sowie 8 Tagesstrecken, 3 Röschen, 12 Stollen und 962 Tiefbohrungen.

 

Die Gesamtförderleistung seit dem 16. Jahrhundert wird auf ca. 55 Millionen Tonnen Steinkohle geschätzt. Damit ist das Döhlener Becken auch im deutschlandweiten Vergleich als kleine Lagerstätte anzusehen. Zum Vergleich: in den anderen beiden größeren sächsischen Steinkohlerevieren Lugau-Oelsnitz belief sich die Gesamtförderung zwischen 1844 und 1971 auf ca. 140 Millionen Tonnen Steinkohle, im Zwickauer Revier lag sie zwischen 1348 und 1978 bei ca. 230 Millionen Tonnen Steinkohle. Das Saarrevier förderte hingegen vom Mittelalter bis 2012 ca. 1,5 Milliarden Tonnen Steinkohle und im Ruhrbergbau waren es zwischen 1792 und 2018 sogar über 9,9 Milliarden Tonnen Steinkohle.

 

was bleibt - Bergbausachzeugen in Freital und Umgebung

 

In den Räumlichkeiten von Schloss Burgk, einst administrativer Mittelpunkt der Freiherrlich von Burgker Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke, informieren die städtischen Sammlungen der Stadt Freital mit einer umfangreichen Ausstellung über die Geschichte der Steinkohlengewinnung.

 

Vom Bergbau zeugen heute noch eine Reihe weiterer Sachzeugen:

  • Tagesanlagen des Marienschachtes in Bannewitz mit Malakoffturm (1886), Fördermaschinenhaus, Huthaus, Expeditionsgebäude und Sandstein-Verlademauer
  • Mundlöcher des Claus Stolln (Potschappel), des Tiefen Weißeritz Stolln (Pesterwitz), der Rösche des Segen-Gottes-Schachtes (Niederhäslich) und des Tiefen Elbstolln (Dresden-Cotta)
  • Huthäuser des Neuhoffnungsschachtes (Kleinnaundorf), des Windbergschachtes auf dem Windberg und der Freiherrlich von Burgker Steinkohlenwerke
  • Kohlenschreibereien der Königliche Steinkohlenwerke am ehem. Oppelschacht (Zauckerode) und des Augustus-Schachtes der Freiherrlich von Burgker Steinkohlenwerke
  • ehemaliges Bergarbeiterkrankenhaus
  • Bergmannsgräber auf dem Friedhof Döhlen
  • Denkmal für das Grubenunglück von 1869 (Kleinnaundorf)
  • umgesetzte Fördergerüste des WISMUT-Bergbaus an der Oppelstraße und der Burgker Straße

 

Bergbauausstellung auf Schloss Burgk

Das auf ein altes Rittergut zurückgehende Schloss Burgk entstand im Kern als Neubau nach einem Brand 1707 und dem anschließenden Wiederaufbau. Um 1800 und 1846 erfolgten weitere grundlegende Umbauten zur heutigen Gestalt. Von 1819 bis 1930 befand sich hier der Wohnsitz der Montanunternehmer der Familie Dathe von Burgk sowie der Hauptsitz der Freiherrlich von Burgker Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke. Das Schloss dient seit 1946 als Museum und beherbergt eine sehenswerte Ausstellung zur Bergbaugeschichte. Zur Ausstellung gehört auch das Besucherbergwerk Tagesstrecke Oberes Revier Burgk sowie eine Bergbauschauanlage und ein Technikgarten, die über die Bergbauzeit zwischen 1945 und 1989 informieren.

 

Oppelschacht (Zauckerode)

 

Tiefer Weißeritz Stolln (Potschappel)

 

Rösche des Segen-Gottes-Schachts (Niederhäslich)

 

Marienschacht (Bannewitz)

 

Bergmannsgrab am Segen-Gottes-Schacht (Kleinnaundorf)

Bei der großen Schlagwetterexplosion im vereinigten Grubenfeld des Segen-Gottes-Schachtes und des Neuhoffnungsschachtes der Freiherrlich von Burgker Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke starben am 2. August 1869 insgesamt 276 Bergleute. Ein kleiner Teil der Opfer wurde auf dem neuen Friedhof in Döhlen bestattet. Der Großteil der Opfer fand in einem Massengrab nahe des Segen-Gottes-Schacht seine letzte Ruhe. Ein Jahr nach dem Unglück wurde hier eine Gedenkstätte eingeweiht.

 

Bergmannsgräber auf dem Döhlener Friedhof

Das schwere Grubenunglück von 1869 erforderte die Erweiterung des alten Döhlener Friedhofs um einen neuen Teil. Hier wurden reichlich 30 der Opfer bestattet. An sie erinnert bis heute ein Steinkreuz. Auch den 25 Toten einer weiteren Schlagwetterexplosion vom 10. Dezember 1876 auf dem Windbergschacht ist ein Gedenkstein gewidmet. Daneben finden sich auf dem Friedhof weitere Grabstätten von Bergleuten des Döhlener Beckens bis in die jüngste Bergbaugeschichte hinein.

Literatur und weiterführende Informationen

  • Akademie der Wissenschaften der DDR (Hg.): Zwischen Tharandter Wald, Freital und dem Lockwitztal. Werte unserer Heimat Band 21. Berlin 1973
  • Heinrich Börner: Der Kohlenbergmann in seinem Berufe. Dreissig Bilder aus Kohlenbergwerken. Freiberg 1894 (LINK)
  • Eberhard Gürtler, Klaus Gürtler: Der Steinkohlenbergbau im Döhlener Becken. Teil 1 – Schächte rechts der Weißeritz. Freital 1983
  • Eberhard Gürtler, Klaus Gürtler: Der Steinkohlenbergbau im Döhlener Becken. Teil 2 – Schächte links der Weißeritz. Freital 1984
  • Heinrich Hartung: Denkschrift zur Feier des hundertjährigen Bestehens des königlichen Steinkohlenwerks Zauckerode.         in: Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreich Sachsen 1906, S.3-128 (LINK)
  • Hellmuth Heinz: Der Steinkohlenbergmann im Plauenschen Grund. Ein Beitrag zu seiner Sozialgeschichte 1800-1850. Freital 1983
  • LfULG: Das Döhlener Becken bei Dresden. Geologie und Bergbau. Dresden 2007 (LINK)
  • Heino Neuber: Kohle - Erbe - Wandel. Zur Geschichte und Bedeutung des Sächsischen Steinkohlenbergbaues. In: Sächsische Heimatblätter 66(2020)2, S. 84-93
  • Juliane Puls, Wolfgang Vogel: Der Bergbau im Döhlener Becken von 1945 bis 1989. Freital 1994
  • Wolfgang Reichel: Geschichtliches der Königlichen Steinkohlenwerke im Plauenschen Grund. In: Sächsische Heimatblätter 33(1987)4, S. 184–192
  • Sächsische Landesstelle für Museumswesen (Hg.): Städtische Sammlungen Freital. Sächsische Museen Band 15, München/Berlin 2003
  • Silvio Stute: Geschichte, Besonderheiten und Innovationen des Steinkohlenbergbaus im Döhlener Becken bei Dresden. In: Tagungsband 17. Internationaler Bergbau & Montanhistorik-Workshop. Freiberg in Sachsen 1.-5. Oktober 2014. Clausthal-Zellerfeld 2014, S. 1-22
  • Emil Treptow: Der Bergbau des Plauenschen Grundes in alter und neuer Zeit. In: Mitteilungen des Landesverein Sächsischer Heimatschutz Band XVI, Heft 3–6/1927, Dresden 1927, S. 103–127 (LINK)
  • Helmut Wilsdorf: Dokumente zur Geschichte des Steinkohlenabbaus im Haus der Heimat. Teil 1: 1542-1882, Freital 1976
  • Homepage des Bergbaumuseum Freital (LINK)
  • Sächsische Biografie - Eintrag zu Carl Friedrich August Freiherr Dathe von Burgk (LINK)
  • wikipedia-Einträge zum Freitaler Bergbau (LINK)
  • wikipedia-Eintrag zum Hänichener Steinkohlenbauverein (LINK)